sich übergeben, wurde gelb und bekam Krämpfe, so dass wir den Arzt gerufen haben. Ahti wäre sonst gestorben. Wie du weißt, bringt es nichts, ins Krankenhaus zu fahren.«
»Ja, ich weiß«, sagte ich und ahnte das Ende der Geschichte.
»Der Arzt wollte nur kommen, wenn wir bar bezahlen. Wir hatten das Geld von dir, aber es war nicht genug. Ich musste losgehen und die Bahnfahrkarten verkaufen.«
»Hat es dann gereicht?«
»Ja, für den Arztbesuch und die Antibiotika. Außerdem hat Ahti eine Spritze bekommen.«
»Geht es ihm jetzt besser?«
»Er schläft«, sagte Elina so leise, dass ich mich mit dem Telefon nach vorn beugte, um besser zu hören. »Es ist eine Art Betäubung, er atmet rasselnd und mühsam, so als ob er keine Luft bekommt.«
»Hat er Fieber?«
»Nicht mehr.«
»Elina, es tut mir leid«, sagte ich und bemühte mich um einen flüssigen, lockeren Tonfall. »Bestimmt kommt Ahti schnell wieder auf die Beine, und ihr könnt fahren. Ich wollte noch etwas anderes mit dir besprechen. Es geht um Johanna und Pasi Tarkiainen.«
Am anderen Ende wurde es still, ich hörte nicht mal das übliche Rauschen in der Leitung. Elina sagte nichts, so dass ich das Handy vom Ohr nahm, um nachzusehen, ob die Verbindung unterbrochen war. Das Display zeigte mir, dass ich weiterhin mit Elina sprach.
»Elina, bist du da?«, fragte ich, um mich zu vergewissern.
»Pasi Tarkiainen?«, sagte sie irgendwie erschrocken. Es klang, als wäre ihr wieder bewusst geworden, dass sie mit jemandem telefonierte.
»Johannas früherem Freund.«
»Hm.« Angespannt und abwartend, so klang ihre Stimme.
Ich fragte in möglichst geduldigem Ton: »Bedeutet ›Hm‹, dass du die Person kennst oder dass du eine weitere Frage von mir erwartest?«
»Ich erinnere mich an Pasi. Das Ganze ist aber ewig her, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
Die beiden letzten Sätze kamen so schnell, dass ich nicht gleich begriff, was Elina meinte.
»Nein, nein, nein«, sagte ich, als ich es verstanden hatte. »So hab ich das nicht gemeint.«
»Wie dann?«, wunderte sie sich und klang jetzt überraschend interessiert, geradezu gespannt.
»Ich weiß noch nicht recht. Erinnerst du dich daran, dass Johanna mit diesem Pasi Tarkiainen nach Kivinokka gezogen ist?«
»Dunkel.«
Warum sprach sie jetzt so schnell?
»Erinnerst du dich an irgendwas Besonderes aus der Zeit? Ist zwischen den beiden damals was vorgefallen?«
»Du stellst Fragen, Tapani.«
Wieder kamen die Worte schnell und wie aneinandergeklebt.
Ich seufzte. »Stimmt«, gab ich zu. »Trotzdem: Weißt du etwas?«
»Na ja, mir fällt jetzt auf die Schnelle nichts ein. Es ist lange her. Damals war – alles anders.«
»Ja, das war es«, sagte ich und sprach absichtlich deutlich und langsam, wie um Elinas Tempo zu drosseln. »Aber Johanna hat dort nur anderthalb Jahre gewohnt und ist dann ausgezogen.«
»Dieses Gespräch ist irgendwie seltsam. Hat Pasi etwas damit zu tun, dass Johanna verschwunden ist?«
Pasi. Ich war außerstande, den Mann mit bloßem Vornamen zu nennen, für mich war er Pasi Tarkiainen.
»Das kann ich noch nicht sagen. Versuch dich zu erinnern, Elina. Warum ist Johanna damals ausgezogen?«
»Ich …«, begann sie.
Im Hintergrund hörte ich tief aus der Lunge kommendes Husten, dann lautes Poltern auf den Holzdielen und gereiztes Gemurmel.
»Ahti ist aufgewacht«, sagte Elina, und es klang, wie ich fand, geradezu erfreut. »Tapani, wir machen es so: Ich denke darüber nach und rufe dich später zurück.«
Das Gespräch brach ab.
Ich saß da und starrte auf das Foto, auf dem das gelbe Lilliputhaus in der weichen Frühlingssonne badete. Da bemerkte ich auf dem giftgrünen Rasen vor dem Nachbarhaus, mit dem Rücken zur Kamera, einen breitschultrigen Mann mit Pferdeschwanz, der einen Spaten oder irgendein anderes Gerät in seinen großen Pranken schwang.
2 »Du hättest mich einfach anrufen können.« Harri Jaatinen setzte sich hinter seinen Schreibtisch und sah mich unangenehm väterlich an.
»Das hätte ich ja gemacht«, sagte ich und rückte mich auf meinem Stuhl zurecht. »Aber ich will dir Fotos zeigen und die Zusammenhänge erklären.«
Ich begriff, dass ich mich anhörte wie ein irrer Verschwörungstheoretiker, und hob abwehrend die Hand, obwohl Jaatinen gar nichts gesagt hatte.
»Das klingt sicherlich eigenartig. Aber ich habe deinen Rat befolgt und bei Pasi Tarkiainen begonnen.«
Ich machte ein, zwei Sekunden Pause.
»Und habe meine Frau gefunden. In einer Zeit, die dreizehn Jahre zurückliegt.«
Ich erklärte ihm, was passiert war, zeigte ihm die Fotos und legte ihm einige Papiere vor. Er warf mir einen Blick zu, ehe er zu lesen begann, und in diesem Blick lag mehr als nur eine Spur Müdigkeit.
Im Zimmer rauschte sowohl Jaatinens Laptop als auch die Öffnung des Belüftungskanals, die sich in der Mitte der Zimmerdecke befand. Der Laptop lief auf höchster Frequenz. Jaatinen las etwa fünf Minuten, blickte von den Papieren auf, sah mich an, vielleicht nicht mehr ganz so müde, betrachtete nochmals die Fotos und tippte dann auf der