Weißt du überhaupt, was ein Bidet ist?«
»Natürlich weiß ich das. In ein Bidet kann ich meinen fetten Hintern quetschen!«
»Jetzt krieg dich mal wieder ein!«
»Krieg du dich wieder ein, Be-De!«
»Wenn du noch einmal Bidet zu mir sagst, kündige ich.«
»Wenn du noch einmal fetter Hintern zu mir sagst, kündige ich.«
Danach kehrte Waffenstillstand ein, kündigen wollten wir beide nicht. Zwei Stunden lang redeten wir kein Wort miteinander, ich bediente zwei Kunden in der Zeit und Bonnie-Denise drei. Der fette Hintern nagte an mir. Was widersinnig war. Besser wäre gewesen, an dem fetten Hintern wäre genagt worden. Als die kleine Melli – vorne eine Eistüte, hinten die Mama – hereingetänzelt kam, überließ ich sie Be-De und flüchtete auf die Straße. Batman war ein guter Zuhörer, und er versuchte sein Bestes, mein Leid mit einem kräftigen Zungenschlecken quer über meine Brille wegzuwischen.
»Dir ist es egal, wie ich ausschaue, gell. Du bist der Einzige, dem das wirklich egal ist.« Ich sage ja, im Selbstmitleid war ich ganz groß. Mit einem Ruck stand ich auf. Batman schnüffelte an meinen Waden. Ich winkte ihm zum Abschied zu und marschierte schnurstracks um die Ecke und in die Apotheke hinein.
»Abführtabletten«, schnaufte ich grantig, was der Pharmazeutin gegenüber unfair war, denn sie konnte ja weder etwas für meine Misere noch dafür, dass sie selbst hübsch und dünn war.
Sie legte ihren Porzellanpüppchenkopf schief, deutete ein gekünsteltes Lächeln an. »Was haben Sie denn für Beschwerden?«
»Was glauben Sie?«, erwiderte ich und kam mir unsinnigerweise verdammt cool dabei vor.
Die Dame holte ein kleines grünes Döschen aus einer Lade und musterte mich ernst. Erst meine Mimik, dann meine Hüften. »Sie wissen schon, dass Abführmittel bei längerfristiger Anwendung die Darmflora schädigen und außerdem ein Gewöhnungseffekt einsetzt. Nehmen Sie auf keinen Fall mehr als zwei Stück, vor dem Schlafengehen. Sollten die Beschwerden anhalten, müssen Sie einen Arzt aufsuchen.« So, wie sie mich angesehen und außerdem das Wort Beschwerden betont hatte, musste ich annehmen, dass sie mir etwas unterstellte. Zum Beispiel absichtlich Durchfall herbeiführen, um schneller abzunehmen, oder irgend so etwas absolut Abwegiges. Augenblicklich brannten meine Wangen und meine Hände zitterten, als ich das Wechselgeld entgegennahm. Als ich die Apotheke verließ, kam ich mir vor wie ein Junkie, der vor der Polizei flüchtete.
Die Beute in meiner Faust versteckt, kehrte ich ins Schuh-Bi zurück. Be-De war eifrig damit beschäftigt, Mellis Mama Erziehungstipps zu geben, während Melli selber Turnübungen auf meinem Hocker vollführte, so dass ich ungestört hinter den Vorhang schleichen konnte.
Wenn Sie vor dem Schlafengehen 1–2 Dragees einnehmen, tritt die Wirkung nach etwa 10 (8–12) Stunden ein. Am nächsten Morgen können Sie mit einer oder zwei weichen Stuhlentleerungen rechnen.
Aha. Ich sah auf die Uhr. Kurz vor eins. In acht Stunden war es neun. Da sollte ich zu Hause sein. Doch, was wenn die Wirkung erst nach zwölf Stunden einsetzte? Und ich im Schlaf überrascht wurde? Die Sache musste also beschleunigt werden. Kurz entschlossen öffnete ich die Dose und schüttete mir drei Dingelchen auf die Hand. Ich schluckte sie trocken runter. Und dann noch drei. Eine normale Darmentleerung würde nicht reichen, ich musste schließlich abnehmen dabei.
Als Be-De fünf Minuten später ihre Sachen gepackt hatte und gehen wollte, traf sie an der Tür auf Vanessa.
»Teddy, deine Freundin ist da«, war das Letzte, was ich an dem Tag von ihr hörte.
»Zickenkrieg?«, fragte Vanessa, während sie die Luft neben meinen Wangen küsste.
»So was in der Art«, antwortete ich und stellte erstaunt fest, dass ich plötzlich Schuldgefühle Be-De gegenüber hatte. Schließlich war sie seit zwei Jahren so etwas wie meine beste Freundin. Dass ich jetzt drauf und dran war, mit meiner neuen Freundin Vanessa über sie zu reden, womöglich zu stänkern, gefiel mir nicht.
»Tja, daran wirst du dich gewöhnen müssen«, orakelte Vanessa.
»Wie meinst du das?«
Sie setzte sich auf das Ledersofa, schlug die Beine übereinander und rückte sich die Sonnenbrille am Scheitel zurecht. »Wie eine hängengebliebene Schallplatte«, sagte sie dann.
»Meinst du mich damit?«, fragte ich unsicher.
Sie lachte. »Nein, die Musik. Jedes Mal, wenn ich hier reinkomme, läuft ›Girl from Ipanema‹.«
Ich lauschte. Tatsächlich. Was hatte Sinatra nur für einen Narren an Vanessa gefressen? Doch sollte er ruhig weiter das Ipanema-Girl aus ihr machen, solange nur mir »My Way« blieb.
Ich setzte mich neben sie.
»Was hast du vorhin gemeint? Dass ich mich daran gewöhnen muss …«
»Teddy, du reifst soeben zum Schwan, merkst du das nicht? Vor drei Tagen warst du noch eine Ente, aber dieses Stadium hast du nun überwunden. Dein Gesicht hat sich verändert. Als hättest du neue Erfahrungen gemacht. Bereichernde Erfahrungen. Jede Frau macht diese Metamorphose im Laufe ihres Lebens durch. Manche früher, manche später, manche nur