Der Heiler - By Tuomainen, Antti Page 0,30

unbedingt finden.«

Sie zog die Beine noch enger an sich, strich sich mit ein paar raschen Handbewegungen die Haare aus dem Gesicht, starrte eine Weile vor sich hin und schien einen Entschluss zu fassen. Dann sah sie mich wieder an, ein bisschen von unten her, und sagte, als würde sie resignieren: »Ich habe für Pasi Tarkiainen geschwärmt.« Sie hielt den Blick weiter auf mich gerichtet und wartete vielleicht auf irgendeine Reaktion. Dann fuhr sie fort: »Ich verstehe das heute selbst nicht mehr, aber ich habe für ihn geschwärmt. Und ich hätte mir natürlich gewünscht, dass er es erwidert hätte. Aber er wollte mit ­Johanna leben. Jetzt, nach all den Jahren, kann ich zugeben, dass ich in Pasi verliebt war und fast vor Eifersucht gestorben bin, weil die beiden so glücklich schienen.«

Ich war nicht überrascht, fragte nur: »Hast du es Johanna gesagt?«

»Nein«, Elina schüttelte rasch den Kopf. »Nicht mal Pasi. Ich wollte nur, dass er mich wenigstens bemerkte. Und dann, als ich gehört habe, dass sie gar nicht wirklich glücklich waren, war ich zunächst schadenfroh und dann nur noch traurig. Ich habe mich gefragt, was für ein Mensch ich eigentlich bin, der sich darüber freut, wenn der Mann der Freundin anders ist als angenommen und sie gar nicht glücklich ist.«

»Was war denn zwischen den beiden vorgefallen?«

»Ich weiß es nicht«, sagte sie, und das klang ehrlich. »Johanna hat nie mehr darüber gesagt, als dass Pasi gar nicht der Mann war, den sie in ihm gesehen hatte. Manchmal habe ich versucht, sie nach einem oder zwei oder drei Glas Wein auszufragen, aber irgendwie ist sie nie damit rausgerückt, obwohl wir sonst über alles mit­ein­ander geredet haben. Pasi ist daraufhin aus unserem Leben verschwunden, und wir haben ihn vergessen. Dann kam Ahti, und dann kamst du, und alles, was mit Pasi zu tun hatte, ist irgendwie weg.« Elina lachte, vollkommen freudlos. »Ich habe nie mit jemandem darüber geredet, nicht mal mit Johanna. Es kommt mir vor, als wäre das aus einer anderen Welt, die schon lange zurückliegt und in der ich und alle anderen nicht die gleichen Menschen wie heute gewesen sind.«

Ich sagte nichts.

»Johanna ist meine beste Freundin«, sagte Elina. »Die beste, die ich je hatte und je haben werde. Ahti liebe ich, er ist mein Mann, aber Johanna ist meine Freundin.«

Ich sagte immer noch nichts, stützte die Ellenbogen auf die Knie, betrachtete Elina, ihre braunen Augen, in denen noch der Glanz des Zorns lag, und die Schatten auf ihrem Gesicht. Obwohl alle Kühle und Härte aus ihrer Miene gewichen waren, konnte ich immer noch eine gewisse Dunkelheit darin erkennen.

»Und jetzt sind wir hier«, fuhr sie im selben schick­salsergeben Ton fort, in dem sie begonnen hatte. »Ich habe letzte Nacht darüber nachgedacht, warum wir eigentlich in den Norden gehen wollten. Das löst ja nicht unsere Probleme. Keines davon. Wir haben dort oben ja nicht mal das bisschen, das wir hier haben. Ich möchte, dass du Johanna findest, dass wir wieder zusammen sind. Johanna, du und Ahti, ihr seid eine Art Familie für mich. Meine Eltern sind damals vor vier Jahren an der Grippe gestorben, meine große Schwester lebt irgendwo in Amerika und kommt nicht mehr zurück. Ich habe letzte Nacht neben Ahti gelegen und mir gesagt: Komme, was wolle, aber weggehen brauchen und werden wir nicht.«

Sie hob den Kopf. Über ihr Gesicht zog sich ein schwaches Lächeln, dessen Wärme langsam bis in ihre Augen stieg.

»Wir vier sollten zusammenbleiben und das Leben genießen, solange es uns möglich und vergönnt ist«, sagte sie weich, fügte dann aber leiser und irgendwie angestrengter hinzu: »Und wir sollten das tun, was man in dieser Situation tun kann.«

Ahti wurde nicht einmal wach, als ich mich im Flur absichtlich laut anzog. Ich hätte gern mit ihm gesprochen, aber Elina war anderer Meinung, und so schnarchte er weiter vor sich hin. Ich bat Elina, mich anzurufen, wenn ihr noch irgendetwas, egal was, zu Pasi Tarkiainen einfiele.

Ich hatte zuvor noch versucht, ihr seine Fotos zu ­zeigen, hatte ihr erzählt, dass er ein paar Jahre, bevor sie mit Ahti nach Töölö gezogen war, in der Museokatu ­gewohnt hatte, zwei-, dreihundert Meter entfernt. Aber Elina hatte keine Lust gehabt, sich die Fotos ihres einstigen Schwarms anzuschauen oder frühere und jetzige Verbindungen zwischen den Wohnorten zu erörtern.

Ich bekam von ihr immerhin ein paar Namen. Leute aus dem Studium und auch von später. Einen der Namen kannte ich: Laura Vuola, Doktor der Philosophie. Lauras Name erinnerte mich an Dinge, die ich abgehakt und vergessen zu haben glaubte. Außerdem ließ er mich an meinem Verstand zweifeln: Wie nah war

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