Aschenpummel (German Edition) - By Miedler, Nora Page 0,63

der Seitengasse parkte. Doch er machte keinerlei Anstalten, unsittlich zu werden, also hatte der versteckte Parkplatz wohl nur den einen Zweck, meiner Mutter auszuweichen.

»Ich werde jetzt aussteigen«, erklärte er. »Wegen der Formalitäten werde ich nächste Woche Fräulein Hoffmann zu Ihnen ins Geschäft schicken, dann können Sie die Ummeldung vornehmen.«

Mir kam ein Gedanke. »Hat Vanessa, also das Fräulein Hoffmann, irgendetwas über mich gesagt, sind Sie deshalb böse auf mich?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein, niemand hat etwas gesagt. Ich habe lediglich für mich entschieden, dass ich so nicht weitermachen kann.«

»Wie? Wie denn weitermachen? Oder nicht weitermachen? Womit?«

»Ich steige jetzt aus«, wiederholte er und hatte die Hand schon auf dem Türgriff. Nein! Ich konnte doch nicht zulassen, dass mein größter, mein einziger Verehrer plötzlich aus meinem Leben verschwand und ich mich fühlen musste, als wäre ich verlassen worden, dabei hatte doch ich ihn verlassen wollen.

»Nein!«, rief ich. »Bitte nicht!« Pack ihn bei seiner Eitelkeit, Teddy!

»Hubertus, ich bin noch Jungfrau.«

Sein Kopf schoss herum, endlich sah er mich an.

Ich schluckte und fuhr fort: »Und ich glaube, dass ich mich immer nur für Sie aufgehoben habe.«

»Ist das Ihr Ernst?«

Natürlich nicht, aber ich nickte. Und hoffte, dass er mir gleich eine Liebeserklärung machen würde, woraufhin ich ihm dann sanft und charmant einen Korb geben konnte. Auch wenn ich noch keine Ahnung hatte, wie ich das begründen könnte, wo ich ihn doch soeben geradezu angefleht hatte, mich zu entjungfern.

In der nächsten Sekunde lag sein Kopf auf meiner Brust beziehungsweise auf dem Miss Bombastic und so weiter.

Und dann begann er, heiße Küsse auf mein Zitronenshirt zu verteilen. Oh, oh – so, jetzt war es aber wieder gut, ich hatte gesehen, dass ich ihn noch rumkriegen würde, jetzt konnte er ruhig wieder aufhören. »Ähm, Hubertus …«

Er hob den Kopf und legte seinen Zeigefinger an meine Lippen. »Oh Teddy, sagen Sie jetzt nichts. Kommen Sie mit zu mir!«

»Äh, ähm, meine Mutter wartet auf mich. Leider.«

»Dann morgen Abend. Um acht. Ich wohne direkt über der Praxis. O Teddy, nicht nein sagen. Liebste Teddy, ich brauche Sie doch!«

»Also gut, morgen Abend dann.«

Er nahm mein Gesicht in beide Hände und versprach: »Das wird ein unvergesslicher Abend werden, Teddy.«

Da begann ich mich das erste Mal zu fürchten.

In meiner Wohnung angekommen, ließ ich mich erst mal aufs Sofa fallen. Morgen Abend würde ich den Zahnarzt besuchen. Und wenn ich all die Anzeichen und Anspielungen nicht vollkommen missdeutet hatte, dann wollte der Zahnarzt dort etwas ganz Bestimmtes mit mir machen. Was heißt missdeuten? Was heißt Anzeichen und Anspielungen? Hatte ich selbst nicht gerade zu ihm gesagt, dass ich mich nur für ihn aufgehoben hatte? Was hatte ich nur getan? Gisela hatte mich doch davor gewarnt, ihm falsche Hoffnungen zu machen. »Oh Gott«, stöhnte ich. Das Verlangen, auf der Stelle einen Schokoriegel zu verschlingen, war übermächtig. Doch dann dachte ich an morgen Früh, an mein Date mit dem Piraten. Alles andere musste beiseite geschoben werden. Alles andere war wurscht. Wurscht. Ich packte den Bikini aus, zwängte mich hinein und stellte mich vor den Spiegel. Sah ich lesbisch darin aus?

Vor allem sah ich wie eine Birne darin aus.

Und nachdem keine Motivationsstütze Gisela neben mir stand, wurde die Birne oben immer schmaler und unten immer breiter.

Ich versuchte es auf Zehenspitzen. Das war irgendwie besser. Auf Zehenspitzen und den Hintern nach hinten strecken, dann waren die Reiterhosen schmaler. Also, zumindest von vorne.

In dem Moment spürte ich etwas Nasses an meinem Bein und entdeckte ein dünnes Blutrinnsal, das aus der Bikinihose kam.

Natürlich. Morgen ging ich mit dem Piraten schwimmen, und tollerweise hatte ich rechtzeitig dafür meine Tage bekommen.

Plötzlich musste ich lachen. Trotzdem würde der morgige Tag der verdammt noch mal beste in meinem Leben werden!

Er musste einfach.

20

Samstagmorgen, sieben Uhr. Ich lag im Bett auf dem Rücken und wusste nicht, was weiter aufgerissen war, meine Augen oder mein Mund. In drei Stunden sollte ich mit dem Piraten im Schwimmbad sein.

In einem Bikini.

War ich komplett durchgeknallt?

Ich verfluchte mich und Gisela und den Piraten. Und den Zahnarzt gleich mit. Das kam ja auch noch dazu! Nach der ganzen Bikini-Strapaze wollte der mich am Abend noch entjungfern.

Ich wusste, dass alle anderen Mädchen das auch durchmachten. Aber ich war doppelt so alt wie ein Mädchen!

Er hatte eine weiße Hose an und dazu ein hellblaues Shirt. Ein schlankes Kind mit brauner Haut und schwarzem Zopf hing an seiner Hand. Obwohl der Pirat locker der Vater des Mädchens hätte sein können, sah er neben ihr etwas verloren aus und wirkte viel eher wie der Bruder als wie der Onkel. Ich atmete kräftig aus – na komm, hin mit dir,

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