Aschenpummel (German Edition) - By Miedler, Nora Page 0,57
mir von dem blöden Wagenleithner den Tag vermiesen? Ich musste endlich lernen, die Dinge lockerer zu sehen.
Vielleicht sollte ich einfach viel mehr lachen. Ja, das sollte ganz dick auf meiner To-do-Liste stehen: Punkt 9: VIEL MEHR LACHEN!
Alles von der heiteren Seite nehmen, egal was passiert. Ja, das würde ich ab jetzt machen. Ab jetzt sofort.
»Teddy! Deine Schwester ist da!«
Hihihihihi, nur mehr lachen würde ich.
»Hallo, Tira, schön, dass du vorbeischaust!«
»Hallo, Teddy.« Anstatt sich zu freuen, dass ich es geschafft hatte, sie richtig zu benennen, blickte Tissi mich misstrauisch an.
Ich hielt ihrem Blick stand und grinste wie ein Smiley im Vollrausch.
Tissi stöckelte durchs Geschäft, ließ sich auf der Lederbank nieder und schlug geziert die Beine übereinander. Be-De betrachtete böse die dünnen Waden, die unter dem Kostümrock hervorschauten. Als ob sie neidisch sein müsste, sie ist ja selbst so dünn!
Ich lachte.
Tissi breitete die Arme links und rechts auf der Rückenlehne aus und sprach: »Muss ich denn nicht vorbeischauen, wo meine kleine Schwester drauf und dran ist, einen derart wichtigen Schritt zu wagen? Auch wenn sie es nicht nötig fand, es mir persönlich mitzuteilen und ich davon durch Mama erfahren musste?«
Ich lachte weiter.
»Stimmt es denn? Wirst du wirklich – heiraten?« Das letzte Wort spuckte sie in einer Art und Weise aus, als wäre eine Hochzeit ähnlich erstrebenswert wie Maden essen im Dschungelcamp.
Ich lachte lauter.
»Was gibt’s da so blöd zu gackern, du verliebtes Huhn?«
War das nicht witzig von ihr? Konnten sich Hühner überhaupt verlieben? Hihihi …
Tissi wurde böse. »Was ist?«, kreischte sie mich an. »Hat er dir das Hirn rausgevögelt?«
Diesmal blieb das Lachen stecken. Ich hustete.
Tissi hingegen lachte.
Anders als ich zuvor. Ich hatte krampfhaft versucht, fröhlich zu sein, aber sie lachte mich aus. Das hatte sie schon oft getan, ich sollte es gewohnt sein, aber in dem Moment war etwas anders. Als würde ein Schalter in mir umgelegt. Ohne darüber nachzudenken, was ich tat, packte ich sie am Arm und zog sie vom Sofa hoch. »Geh. Geh auf der Stelle. Wenn du mir nichts Nettes zu sagen hast, dann brauchst du nicht mehr zu kommen.«
»Teddy!«
»Ich hab gesagt, du sollst gehen!« Ich schrie die Worte raus, vor meinen Augen tanzten rote Funken. »Und ich sage dir noch was! Hör auf, dich einzumischen! Ich will das nicht mehr, hörst du! Es ist mir schnurzegal, ob du Psychologin oder Psychiaterin oder sonst was bist! Und solange du mich nicht netter behandelst, ist es mir auch schnurzpiepegal, ob du Tira oder Tissi heißt!«
Mit der flachen Hand schlug sie mir gegen die Stirn. Ich taumelte nach hinten und fragte mich benommen, wieso sie mich ausgerechnet auf die Stirn geschlagen hatte, da kickte Be-De ihr Knie in Tissis Hintern.
Tissi kreischte auf. Be-De kickte noch mal. Tissi schrie etwas von »Mordversuch« und »Anzeige«, dann floh sie hinaus auf die Straße und knöchelte draußen vor der Tür um. Mein Gott, so was war ihr sicher noch nie passiert. Mir fehlten die Worte.
»Bonnie-Denise«, flüsterte ich ehrfürchtig. »Bonnie-Denise, du bist eine echte Freundin.«
Be-De nickte. Dann sagte sie schlicht: »Yeah.«
Den Nachmittag erlebte ich wie auf Drogen. Die ersten beiden Stunden zitterten meine Hände, als hätte ich einen Mord begangen. Und irgendwie hatte ich durch meinen verbalen Befreiungsstoß tatsächlich das Gefühl, als hätte ich Tissi mit bloßen Händen erwürgt. Zumindest ein bisschen. Ich war erleichtert und schockiert zugleich und fürchtete mich vor Mama und der Polizei, doch Be-De zerstreute meine Ängste.
»Ach, komm schon, wie will deine Schwester uns schon was anhängen, die hat doch keinen einzigen Beweis. Glaubst du, die Polizei interessiert, dass sie eine auf den Hintern bekommen hat? Pah!«
Shiti, war die Frau selbstbewusst.
Nachdem Be-De gegangen war, öffnete ich pflichtschuldigst weitere Schuhschachteln im Lager und bediente ein paar Kunden. Unter anderem die Frau vom Fleischer, die das weiße Paar Pantoffeln für den Lehrling umtauschen kam. Wer hätte aber auch gedacht, dass ein mittelgroßer Lehrling Schuhgröße siebenundvierzig haben könnte!
Um sechs Uhr hatte ich die letzte Schachtel aufgemacht.
Nichts.
Konnten die Sachen hier noch irgendwo anders sein? Hmm, die Frage war, warum Hans die Erinnerungsstücke kurz vor seinem Tod abgenommen hatte. Hatte er sie verschenkt? Konnte es so simpel sein? Aber erstens konnte ich mir nicht vorstellen, an wen, zweitens hätte er daraus doch kein Geheimnis zu machen brauchen, und drittens, warum hatte er mir dann gesagt, dass sie bald wieder an Ort und Stelle hängen würden?
Mein Handy klingelte. Mama. Das hatte ja erstaunlich lange gedauert. Ich holte Luft, klappte das Handy auf und sagte: »Hallo Mama.«
»Du weißt schon, dass ich deinetwegen neun Monate Übelkeit und Krampfadern auf mich genommen habe? Vom Dammriss ganz zu schweigen, ich spür ihn heut