Aschenpummel (German Edition) - By Miedler, Nora Page 0,56

Dank, dass Sie so nett sind, aber es geht schon, es geht schon!«

Ich schlüpfte in die Träger, winkte dem wunderbaren Drops zu und lief glücklich zu den Umkleidekabinen.

Endlich mal hatte mich ein Mann nackt gesehen. Und er wäre mit mir in die Sauna gegangen. Ich war begehrt.

Summend machte ich mich auf den Weg ins Schuh-Bi. Mein Handy läutete. Vanessa stand auf dem Display.

»Hallo?«, sagte ich, genauso wie der Pirat sich immer am Telefon meldete.

»Hallo, Teddy, wie geht es dir?«

»Gut. Ich war gerade schwimmen«, konnte ich nicht umhin, ein bisschen anzugeben.

»Oh, so früh schon, sehr brav.«

»Gell«, stimmte ich stolz zu. »Und jetzt wollte unbedingt noch ein Mann mit mir in die Sauna, dabei ist die donnerstags um neun nur für Männer. Naja, ich hab eh abgelehnt.«

»Du bringst die Männer ja reihenweise um den Verstand, Teddy.«

»Ich weiß«, rief ich und schaffte es – glaube ich – ganz gut, ein bisschen bescheiden dabei zu klingen.

»Und willst du auch wissen, wie es mir geht, Teddy?«

Auf der Stelle hatte ich Gewissensbisse. »Ja, ja, natürlich will ich das wissen. Also wie geht’s dir?«

Sie seufzte erst tief, dann sagte sie: »Viel, viel besser heute. Das Gespräch mit dir gestern hat mir sehr gut getan. Ich habe beschlossen, eine Therapie zu machen.«

»Wow, das freut mich sehr«, sagte ich.

»Nächsten Dienstag bin ich das erste Mal dort. Um neun. Teddy?«

»Ja?«

»Begleitest du mich dahin und setzt dich ins Wartezimmer mit mir?«

Ich stolperte beinahe über meine Füße, so abrupt war ich stehengeblieben. »Ja, natürlich!«, rief ich. Dann hielt ich die Luft an. Die nächsten Worte, die Vanessa sagte, würden alles entscheiden. Ich kniff die Augen zusammen, wartete. Wartete darauf, ob sie mich bitten würde, an besagtem Dienstagmorgen Schuhe mitzunehmen. Oder sonst irgendetwas in der Art. Irgendwas mit Schuhen jedenfalls, das mir klar und deutlich zeigen würde, dass sie mich nur ausnutzte.

Vanessa sagte: »Danke, Teddy.«

Das war alles. Wir verabschiedeten uns voneinander und ich küsste vor Erleichterung mein Handy.

Begehrt zu werden, erst von einem Mann in der Sauna und dann von einer Freundin am Telefon, konnte jemanden, der das nicht gewohnt war, ganz schön schaffen. In der Sieveringer Straße angekommen, schleppte ich mich zu Batman und ließ mich neben ihn auf die Knie fallen. Er drehte sich auf den Rücken und sah mich treuherzig an.

»Jetzt kann sie noch immer nicht den Hund in Ruhe lassen!«

Ich fuhr zusammen. Die Ader auf der Stirn des Herrn Wagenleithner hatte den Durchmesser eines Gartenschlauchs.

»Er braucht Wasser. Wegen der Hitze«, sagte ich mit fester Stimme.

»Er braucht Ruhe. Von nervigen Weibsen«, erwiderte er und spuckte knapp an meinem Ohr vorbei auf den Boden.

Da brach es aus mir raus: »Wieso halten Sie sich überhaupt einen Hund, wenn Sie ihn gar nicht mögen?«

»Mögen! Als ob es darum geht. Geh, schleich dich, Trampel!«

Ich biss die Lippen zusammen und ging. Um es Batman nicht noch schwerer zu machen. Wer wusste denn schon, was Wagenleithner ihm antun würde aus Ärger über mich. Doch während ich die Straße überquerte, fasste ich einen Entschluss. Batman musste gerettet werden. Von mir.

Einigermaßen geladen kam ich im Schuh-Bi an. Be-De war alleine im Geschäft und bombardierte mich sofort: »Es ist noch immer nichts von den Sinatra-Sachen aufgetaucht, dabei hab ich schon fast die Hälfte an Schuhkartons durch. Heute hab ich von der anderen Seite angefangen, weil ich ja nicht wusste, wie weit du gestern gekommen bist. Wie weit bist du gestern eigentlich gekommen? Ich hab nichts gefunden, rein gar nichts. Ein paar Paare, die nicht zusammenpassen, ja, aber ansonsten rein gar nichts. Und du? Gestern?«

Ich seufzte. »Nichts. Nicht mal Paare, die nicht zusammenpassen.«

Ich schlüpfte hinter den Vorhang und zog mir das Shirt über den Kopf.

»Teddy«, kam es anklagend von hinten. »Interessiert dich das gar nicht mehr, oder was? Du wirkst komplett unmotiviert. Und du stinkst! Um Gottes willen, hör endlich mit dem blöden Joggen auf, das ist ja nicht zum Aushalten.«

Schade, dass ich keine Schlägerin war, sonst hätte ich der kleinen Jane Fonda die Fresse polieren können. Doch das wäre ungerecht. Die wahren Schläge gebührten dem Wagenleithner, diesem Tierquäler und Frauenverachter.

»Pfui, du stinkst«, hörte ich noch einmal, dann bimmelte zum Glück die Tür. »Du könntest auch mal wieder einen Kunden bedienen«, nörgelte Be-De und dann verzog sie sich nach vorne.

Ich wusch mich schnell unter den Armen und zog ein neues Shirt an. Ich war immer noch wütend. Dabei hatte ich endlich das, wovon ich jahrelang geträumt hatte. Ein Rendezvous mit meiner großen Liebe, eine neue Freundin, die mich brauchte, einen bildschönen Verehrer, der mich auf beide Wangen küsste, ja, sogar ein neues Auto, das auf mich wartete. Warum ließ ich

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